Haushaltsrede in der Ratssitzung vom 02.02.2016

Matthias Lammerich
KV Oberberg

der Haushalt für 2016 wird zum vierten mal in Folge ein nicht ausgeglichener sein und die Prognosen für die nächsten Jahre lassen keine Trendwende erkennen. Im Gegenteil, nach Darstellung des Kämmerers würden ohne jährliche Steuererhöhungen die Defizite der nächsten Jahre wesentlich gravierender ausfallen, als sie ohnehin schon sind.

Stadtrat Wiehl 02.02.2016                                        

Beratung des Haushaltes für 2016            

 

Haushaltsrede in der Ratssitzung vom 02.02.2016

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Ratsmitglieder, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

liebe Gäste und sehr verehrte Presse,

 

der Haushalt für 2016 wird zum vierten mal in Folge ein nicht ausgeglichener sein und die Prognosen für die nächsten Jahre lassen keine Trendwende erkennen. Im Gegenteil, nach Darstellung des Kämmerers würden ohne jährliche Steuererhöhungen die Defizite der nächsten Jahre wesentlich gravierender ausfallen, als sie ohnehin schon sind.

 

Wie auch im Vorjahr und im Vor-Vorjahr ist eine der wesentlichen Ursachen, dass trotz der allgemein guten konjunkturellen Ausgangslage ein Rückgang der Gewerbesteuer zu verzeichnen ist, die in Wiehl in früheren Jahren als sichere Basis galt.

 

Im Haushaltsentwurf des Kämmerers für das Jahr 2016 waren zunächst ein Defizit von 4,1 Mio. Euro und die Erhöhung der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer eingeplant, die nun nach politischer Meinungsfindung nicht kommen wird.

 

An dieser Stelle möchten wir unserem Bürgermeister für die frühzeitige Information und Transparenz danken. Wir konnten nun rechtzeitig auf die neue Situation eingehen.

 

Keine Anhebung der Grundsteuer B in 2016

 

Es ist eine gute Entscheidung, sollte der Rat nun auf die Erhöhung der Grundsteuer B verzichten und somit Teile der Bevölkerungsschicht vor erheblichen Mehrbelastungen bewahren.

 

Auch wenn das Gewerbesteueraufkommen nach einer aktuellen Prognose gleichbleibt, wäre eine Anhebung der Gewerbesteuer aus unserer Sicht ein richtiger Schritt gewesen, um das Defizit abzumildern, das nach aktueller Planung auf rund 4,5 Mio. Euro ansteigt. Wir halten einen Gewerbesteuer-Hebesatz von 450 Prozent für angemessen.

 

Mit diesem Hebesatz hätte die Stadt Wiehl zusammen mit den Kommunen Morsbach und Wipperfürth immer noch den niedrigesten Gewerbesteuersatz im Oberbergischen Kreis, also keine Kommune im Oberbergischen läge unter diesem Hebesatz, und das bei wesentlich besseren Standortfaktoren unserer Stadt. Im Vergleich mit den Hebesätzen der anderen oberbergischen Kommunen wird die Erhöhung der Gewerbesteuer die Wiehler Unternehmen auch nicht übermäßig belasten. Dem Wiehler Haushalt hingegen würde dies ein deutliches und dringend notwendiges Einnahmeplus bescheren.

 

Es liegt eigentlich auf der Hand: Werden die Ausgaben angehoben, müssen auch die Einnahmen steigen. Und hier in erster Linie durch die Gewerbesteuer. Wir verlangen nicht zu viel, wenn wir wollen, dass wenigstens das Niveau der oberbergischen Kommunen mit den heute zweitniedrigsten Steuern im Kreis erreicht werden soll. Einem Gewerbesteuerdumping erteilen wir eine klare Absage. Wir wissen selbst, dass sich unsere Stadt noch in einer recht komfortablen Situation befindet. Wir leisten uns Ausgaben, zu einem Teil können wir sie uns leisten, von denen andere Kommunen nur träumen können.

 

Wieviel Gewerbe braucht eine Kommune...?

 

Wieviel Industrie und Gewerbe braucht eigentlich eine Kommune, um nicht zu verarmen? Wer glaubt eigentlich, die notleidenden Kommunen in unserer Nachbarschaft wären in der Lage, sich durch weitere Gewerbeansiedlung am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen? Und dann vielleicht auch noch so, dass für die Stadt Wiehl immer noch weitere gewerbliche Neuansiedler übrigbleiben? Ja, wieviel Wachstum darf es denn bitte schön sein? Es wird nie so viel sein, dass für alle Kommunen genug abfällt. Die Gemeindefinanzierung gehört nach unserer Meinung auf ganz andere Füße gestellt. Solange das aber nicht geschieht, wollen wir nicht die anderen Kommunen bei der Gewerbesteuer unterbieten.

 

Betrachten wir jetzt die Ausgabeseite:

 

Für das Jahr 2016 ist eine Netto-Neuverschuldung von rd. 7,8 Mio. Euro vorgesehen. Der Stand der Verbindlichkeiten aus Investitionskrediten wird somit um ca. 50% erhöht.

 

Grundsätzlich befürworten wir Investitionen, wenn sie denn maßvoll sind und dem Wohle der Bevölkerung dienen. So, wie Herr Stadtkämmerer Brauer in seiner Präsentation zum Haushaltsplan ausführte: "Einen Kompromiss zwischen wünschenswerten Investitionen und dem Finanzierbaren finden!"   

 

Dazu gehören die Sanierung des Gymnasiums, das jetzt vorgenommen werden soll. Ein wichtiges Thema ist und bleibt auch der Soziale Wohnungsbau und wird von uns unterstützt, wenn er denn kommt. Aber wir können es nicht unterstützen, dass weiteres Geld für reine Renommierprojekte oder für die Fassade ausgegeben werden, dazu gehören einige IHK-Projekte, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen. Ich zitiere dazu aus meiner letzen Haushaltsrede: „Wiehl braucht keine Königsallee und keinen Kaiserpark“.

 

Unter maßvollen Investionen können auch Investitionen zur Wirtschaftsförderung gehören. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren, der Ankauf des ehemaligen ProMarkt-Geländes im vergangenen Jahr zu völlig überhöhten Grundstückspreisen, um dort ein namhaftes Unternehmen anzusiedeln, dass sich letztendlich gar nicht dort angesiedelt hat, war das maßvoll? Es machte eher das Maß der Erträglichkeit voll.

 

Nun gut, Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht.

 

Schauen wir in die Zukunft. Wir hoffen, dass der Rat in Zukunft weisere Entscheidungen trifft, für eine positive, nachhaltige, zukunftsfähige Stadtentwicklung. Wir arbeiten gerne daran mit, meine Damen und Herren. Aber nicht nur der Rat bzw. die Ratsfraktionen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger gehören an diesem Prozess beteiligt.

 

Wir wollen zunächst das Strategiekonzept für unsere Stadt abwarten, die mit der Fragestellung verbunden ist „Was müssen/wollen wir uns leisten, was können/wollen wir uns nicht mehr leisten“. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, dass bereits geplante, in den nächsten Jahren umzusetzende Projekte ebenfalls auf den Prüfstand gestellt werden, vor allem im Hinblick auf eine Reduzierung des hohen Investitionsvolumens.

 

Anschließend werden wir diese IHK-Projekte und deren Ausgabevolumen in den entsprechenden Jahren erneut bewerten, wenn sie in den Haushalt eingeplant werden und daran unsere Zustimmung im Rahmen der Haushaltsberatungen abhängig machen.

Nun müssen wir zu diesem Haushalt für das Jahr 2016 eine Entscheidung treffen.

 

Es gibt einige Punkte, die wir nicht befürworten können.

 

Dazu gehören die Anhebung der Hundesteuer, die Anhebung der Friedhofsgebühren, die Erschließung neuer Gewerbegebiete in oder nahe an Waldgebieten, sowie der Verzicht, durch eine angemessene Anhebung der Gewerbesteuer das hohe Defizit zu reduzieren.

 

Es gibt auch Eckpunkte des Haushalts 2016, die wir unterstützen.

 

Wir heben die Grundsteuer B nicht an und verhindern damit zusätzliche Mehrbelastungen für die Bürger. Wir befürworten die im Jahr 2016 im Haushalt eingeplanten Investitionen für die IHK-Projekte, die im Zusammenhang mit dem Gymnasium stehen, des Jugendamtes, sowie den Skaterparcours. Dies gilt jedoch nicht für die Homburger Straße.

 

Alles in allem gesehen, und insbesondere unter Berücksichtigung, dass der Haushaltsentwurf der alten Politik folgt, die wir Jahr um Jahr abgelehnt haben, können wir doch dem Haushalt für 2016 in der vorliegenden Form nicht zustimmen.

 

Das ist vor Allem der Politik der großen Fraktionen im Rat geschuldet.

 

Kommt es noch in diesem Jahr zu einer Beratung eines Strategiekonzeptes für die Stadt und werden einige Planungen dann auf ein vernünftiges Maß reduziert und wird letztlich ein Haushalt für 2017 vorgelegt werden, in dem Augenmaß bei den Investitionen zu erkennen ist, so können wir uns vorstellen, dass wir einem solchen Haushalt für 2017 auch zustimmen werden. Wir wollen unserem neuen Bürgermeister das Vertrauen aussprechen, bei diesem Strategiekonzept Akzente zu setzen.

 

Dem Wirtschaftsplan des Abwasserwerkes stimmen wir zu, dem Wirtschaftsplan der Freizeit- und Sportstätten stimmen wir nicht zu, ich denke, unsere Position hinsichtlich des Kombibades ist bekannt.

 

Abschließend auch von uns ein herzlicher Dank an alle Mitarbeiter der Verwaltung, an die Mitarbeiter der Stadt Wiehl.