Denkmal für die Demokratie ist nicht vergessen

Jan Köstering

Redebeitrag von Jan Köstering.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

als dieses Denkmal vor 95 Jahren eingeweiht wurde, sollte es eines von vielen landesweiten Mahnmalen für die Republik und die Demokratie werden. Gewidmet dem ersten ersten Präsidenten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, sowie den beiden von Rechtsterroristen ermordeten Ministern Walther Rathenau und Matthias Erzberger. Als dieses Denkmal 1927 eingeweiht wurde, war Hindenburg bereits Reichspräsident und es brauchte nur weitere sechs Jahre bis dieser Hitler zum Reichskanzler ernannt hat.

Der Reichsfinanzminister Erzberger wurde 1921 von zwei Rechtsterroristen ermordet. Diese flohen unter Mithilfe der politischen Rechten nach Spanien und kehrten bereits 1933 im Zuge der Straffreiheitsverordnung, die die Strafen für Verbrechen beim Aufbau des Nationalsozialismus aufhob, nach Deutschland zurück.

1946, d.h. nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurden die Täter vom Landgericht Offenburg unter Anwendung der Straffreiheitsverordnung von 1933 freigesprochen. Dieser Freispruch gibt auch einen Eindruck, wie stark Justiz, Verwaltung und Politik in der Bundesrepublik von Nazis durchsetzt waren.

Denn auch in der Bundesrepublik Deutschland fanden sich über 1.800 ranghohe Nazis in wichtigen Positionen wieder, darunter 26 Minister und Staatssekretäre, ein Bundeskanzler, 100 Generäle und Admirale der Bundeswehr und 828 hohe Justizbeamte, Staatsanwälte und Richter, die Mitglied der NSDAP, der SS oder SA waren. Und so ist es wenig verwunderlich, dass sich der rechtsextreme Terror wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik zieht. Der Mordanschlag auf Rudi Dutschke, die Neumann-Gruppe 1973 in Hamburg oder das Oktoberfest-Attentat von 1980 in München sind nur wenige Beispiele. In den nächsten Wochen jähren sich übrigens die rassistischen und fremdenfeindlichen Angriffe in Rostock-Lichtenhagen zum 30. Mal. Insgesamt zählt die Amadeu Antonio Stiftung seit 1990 218 Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland.

 

Und mit der AfD sitzt heute eine offen rechtsextreme Partei in nahezu allen Parlamenten unserer Demokratie, agiert dabei mit einem beispiellosen Maß an Missachtung gegenüber der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und Menschenleben und handelt dabei ganz bewusst als parlamentarischer Arm der Neuen Rechten. Zeitgleich morden und bomben sich Rechtsterroristen durch die Republik. Der NSU, Hanau, Halle oder der Mord an Walter Lübke, das waren nicht die Taten von verwirrten Einzeltätern sondern die organisierter Rechtsextremisten.

Und was ist mit uns? Den Demokratinnen und Demokraten? Dieses Denkmal wurde vor 95 Jahren als Mahnmal zur Verteidigung der Demokratie errichtet. Diese Intention ist bekanntlich gescheitert. Doch es ist unsere Verantwortung aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Mahnmähler, Denkmähler oder Staturen werden die Demokratie nicht verteidigen – diese Pflicht obliegt uns als Demokrat:innen. Und das tun wir, indem wir die Fehler der Vergangenheit weiter aufarbeiten, benennen und korrigieren. Als Beispiel sollten wir mit der teils noch heute andauernden Würdigung von Alt-Nazis und ihren Helfershelfern aufhören. Wie kann es sein, dass dem Mann, der Hitler den Weg ebnete, ihn zum Reichskanzler ernannte und seine politischen Maßnahmen mitgetragen hat, wie kann es da sein, dass es in Gummersbach noch immer eine Hindenburgstraße gibt?

Lasst es uns daher mit Erich Kästner halten. Bereits vor 60 Jahren warnte er: „Die Ereignisse von 1933-1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. […] Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muß den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat. Das ist die Lehre, das ist das Fazit dessen, was uns 1933 widerfuhr.“

 

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